Anschlussprojekte

Prof. Dr. Mark Greenlee

Universität Regensburg
Fakultät für Psychologie- Institut für Experimentelle Psychologie


Prof. Dr. Stuart Anstis

University of California, San Diego
Department of Psychology

Kompensation und Adaptation beim zentralen Sehverlust

Patienten, die an einer erblichen Form der Makuladystrophie erkrankt sind, entwickeln in der Regel Skotomata (blinde Areale) im zentralen Gesichtsfeld, die eine Größe von 10 Grad Durchmesser oder mehr erreichen können. Viele dieser Patienten nehmen diesen Gesichtsfeldausfall jedoch nicht bewusst wahr. Sie berichten vielmehr von einem Phänomen des Filling-In. Als Filling-In werden in der Wahrnehmungsforschung Prozesse bezeichnet, bei denen das Gehirn versucht, Informationen zu ergänzen, die aus bestimmten Teilen des Gesichtsfeldes nicht mehr an die korrespondierenden Gehirnareale weitergeleitet werden können. In unserer BaCaTeC-Kooperation untersuchen wir Filling-In bei Patienten mit hereditären Makuladystrophien mittels psychophysischer Verfahren und funktioneller Magnetresonanz-tomographie (fMRT). Während der ersten Förderperiode konnten wir neuronale Korrelate des Filling-In im visuellen Kortex bei Präsentation von Sinusgittern finden, die nicht vorhanden waren, wenn das Filling-In - durch Präsentation einer grauen Scheibe im Zentrum des Sinusgitters - unterbrochen war. In der Folgeperiode möchten wir die Selektivität dieser Aktivierung näher erforschen. Wir bieten Sinusgitter mit drei Orientierungen dar (10°, 70°, 130°) und benutzen einen SVM-Algorithmus (support vector machine algorithm), um diejenigen Areale zu identifizieren, die während eines Filling-In Eindrucks bei den Patienten aktiv sind und gleichzeitig die drei dargebotenen Orientierungen kodieren. Auf diese Weise erhalten wir Hinweise darauf, auf welcher Stufe der visuellen Verarbeitung Filling-In Prozesse angesiedelt sind. Dies kann zu einem besseren Verständnis der neuronalen Prozesse beitragen, die als Anpassung an Netzhautläsionen in Gang gesetzt werden. Diese Erkenntnisse können auch helfen, Rehabilitationsmaßnahmen für betroffene Patienten zu verbessern.

Ausgangsprojekt: Anpassungsprozesse bei Patienten mit Sehkraftverlust im zentralen Gesichtsfeld

Abschlussbericht

Patienten mit einer Makuladystrophie berichten, dass sie ihr Zentralskotom nicht bewusst wahrnehmen, was ein Einfüllphänomen (filling-in) nahelegt. Wir verwendeten die funktionelle Magnetresonanztomographie, um mögliche neuronale Korrelate des Einfülleffekts bei Patienten mit einer Makuladystrophie und einem beidäugigen Zentralskotom zu untersuchen. Daten von n = 10 Patienten (7 Morbus Stargardt, 1, Zapfen-Stäbchendystrophie, 2 altersabhängige Makuladegeneration; Skotom-Durchmesser ca.10-20°) und von 10 gesunden Kontrollprobanden wurden analysiert. Fixationsverhalten und Perimetrie (Gesichtsfeld) wurden mit einem Nidek Microperimeter erfasst. In drei Experimenten betrachteten die Patienten große (30°) Rechteckgitter niedriger Ortsfrequenz, Gitter mit einer senkrechten Ausrichtung (Exp. 1 and Exp. 2) oder mit einer von drei Ausrichtungen (10°, 70°, 130°: Exp. 3). Die Gitter waren entweder a) durchgehend, oder b) wurden durch einen zentralen grauen Kreis unterbrochen. Der Umfang des Kreises wurde so eingestellt, dass er etwas kleiner oder größer als das Skotom war. Um die Aufmerksamkeit der Probanden zu kontrollieren, mussten alle Probanden eine Änderung in der Ausrichtung des Gitters per Tastendruck (Exp. 3,  one-back task) angeben. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Patienten und Kontrollprobanden eine fMRT-Antwort im retinotopen visuellen Kortex aufweisen, die größer war in den Bedingungen, wo Filling-in stattgefunden hat. Ein support vector machine (SVM) Algorithmus entdeckte Voxel in visuellen Kortex, die trennscharf auf die drei Ausrichtungen des Gitters reagieren (Goldhacker et al., in Vorbereitung). Diese Ergebnisse stellen ein mögliches Korrelat des Einfülleffekts im primären visuellen Kortex bei Patienten mit einem Zentralskotom dar. Solche Signale spiegeln vermutlich Top-down Prozesse des Gehirns wider, die Neurone mit Kontextinformationen versorgen.

Literatur:

Anstis, S., & Greenlee, M. W. (2014). Contour erasure and filling-in: New observations. I-Perception, 5(2), 79–86.

Goldhacker M,  Rosengarth K, Brandl-Ruhle S, Plank T., Anstis S., Greenlee MW. Neural correlates of perceptual filling-in in patients with macular distrophy. (in Vorbereitung).

Kongressbeiträge:

Greenlee MW, Anstis S., Rosengarth K, Goldhacker M, Brandl-Ruhle S, Plank T. Neural correlates of perceptual filling-in: fMRI evidence in the foveal projection zone of patients with central scotoma. Abstract of paper to be presented at Annual Meeting of the Vision Sciences Society (VSS), May 11 – 16, 2012 in Naples, FL, USA.

Goldhacker, M., Rosengarth, K., Anstis, S., Wirth, A. M., Plank, T., & Greenlee, M. W. (2013, January). FMRI evidence for perceptual filling-in in patients with macular dystrophy. In PERCEPTION (Vol. 42, pp. 72-73). 207.

Greenlee, M. W.,  Goldhacker, M., Rosengarth, K., Anstis, S., Plank, T. (2013, November). fMRI correlates of perceptual filling-in in patients with central scotoma due to macular dystrophy. Society for Neuroscience. San Diego, CA, USA.


Impressum

Datenschutzerklärung